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Rückblick: Umweltprobleme und Skandale der letzten 40 Jahre

Was aus ihnen wurde

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„Was hat man nicht alles schon an Weltuntergangsszenarien erlebt, und trotzdem geht die Sonne auf“, ätzte kürzlich Late-Night-Moderator Harald Schmidt in einem Interview. Bei all den Schlagzeilen über Bedrohungen und Skandale bleibe er gelassen: „Diese ganzen Aufgeregtheiten lösen sich irgendwann von selbst auf.“ Ob er das wirklich ernst meint, ließ der Meister der Ironie offen. Nichtsdestotrotz kann man diese Haltung nachvollziehen: Ständig tauchen neue Massenhysterien auf, über die bald kaum noch jemand spricht.


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Ein guter Grund, einmal nachzuschauen, was eigentlich aus den Bedrohungen wurde, die in den letzten 40 Jahren die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten. Bei genauer Betrachtung zeigt sich nämlich ein durchaus differenziertes Bild: Manche Skandale waren tatsächlich Panikmache. Manche Skandale verschwanden aber auch, weil sie die richtigen Entscheidungen provozierten. Andere wiederum wurden geschickt zum Schweigen gebracht.

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1. Saurer Regen

In den 1980er Jahren war saurer Regen ein hoch emotionalisiertes Thema. In großen Aufmärschen protestierten die Menschen auf der Straße gegen die Luftverschmutzung. Die Abgase der Fabriken und Autos ließen mit dem Regen Schwefel- und Salpetersäure herabrieseln, die beispielsweise Jahrhunderte alte Steinskulpturen in kurzer Zeit zersetzten. Die größte Sorge galt jedoch dem Wald: „Le Waldsterben“ wurde im Ausland die Angst der Deutschen genannt, sämtlicher Waldbestand – und damit letztlich auch alles Leben – könne durch den sauren Regen vernichtet werden.

Was wurde daraus?

Galten Gesetze gegen die Luftverschmutzung lange Zeit als Arbeitsplatzkiller, zwang die immer größer werdende Angst vor dem Waldsterben die Regierung zum Handeln. Filteranlagen und Katalysatoren brachten seither klare Verbesserungen der Luftqualität. Die Ironie der Geschichte: Das Waldsterben hatte wohl nur nebensächlich mit dem sauren Regen zu tun. Eine Vielzahl von Faktoren hält das Waldsterben leider immer noch aktuell. Dem Kampf gegen die Luftverschmutzung hat die Diskussion dennoch zum Erfolg verholfen.

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2. Ozonloch

Ebenfalls eine Schockmeldung der 1980er Jahre: Über der Antarktis klafft ein riesiges Loch in der Atmosphäre, durch welches die gefährliche UV-B-Strahlung der Sonne ungebremst auf die Erde prallt. Besorgte Mütter cremten ihre Kinder und Gatten mit dicken Schichten Sonnencreme ein.

Was wurde daraus?

Schnell fanden Wissenschaftler den Hauptschuldigen für das Ozonloch und die Politik handelte in seltener Eintracht. Weltweit wurde die Verwendung von FCKW und anderer ozonschädigender Substanzen verboten. Die Maßnahmen griffen – wenn auch nur langsam und nicht ohne Schwankungen. Das Ozonloch war eine reale Gefahr, auf die schnell und erfolgreich reagiert wurde. Nicht zuletzt, weil FCKW ohne größere Probleme ersetzt werden konnte.

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3. Ozonalarm

Zu viel Ozon am Boden – das war die Debatte der 1990er. Einige Städte riefen „Ozonalarm“ aus: Geschwindigkeitsbeschränkungen und Fahrverbote wurden verhängt. „Es kann doch nicht sein, dass die Kinder im Haus bleiben müssen und die Autos draußen spielen dürfen“, hieß es. Denn hohe Ozonwerte führen vor allem bei Kindern, aber auch bei alten Menschen, zu Kopfschmerzen, Atembeschwerden und Augenreizungen.

Was wurde daraus?

Dem Ozonalarm wurde geschickt der Wind aus den Segeln genommen. Zunächst wurden die Verkehrseinschränkungen so gering gehalten, dass sie kaum Wirkung zeigten. Als dann bundesweite Fahrverbote drohten, ließ Auto-Kanzler Schröder die Grenzwerte rasch in Zielwerte umändern. So wurden zwar Maßnahmen zur Senkung der Ozonwerte ergriffen, doch folgten keine Konsequenzen mehr, wenn diese Werte überschritten wurden – was immer noch regelmäßig geschieht. Inzwischen reagiert die Öffentlichkeit auf das Thema mit einem Achselzucken. Die Autolobby hat gesiegt.

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4. BSE, Gammelfleisch und EHEC

Frostschutzmittel im Wein, Dioxin im Tierfutter, Pferdefleisch in der Lasagne – die Liste der Lebensmittelskandale ist lang, die Dauer der medialen Aufmerksamkeit in der Regel kurz. Lediglich in drei Fällen währte der Schrecken etwas länger.

  • Die Angst vor BSE (Rinderwahn) sorgte im Jahr 2000 für flächendeckende Erschütterung: Zehntausende Kühe werden notgeschlachtet, in Deutschland müssen zwei Kabinettsmitglieder den Hut nehmen, mindestens 200 Menschen sterben an den Folgen der Seuche. Als Auslöser wird Tiermehl vermutet, das den Kühen verfüttert wurde.
  • Mehr als 15.000 Tonnen vergammeltes Fleisch, die einfach umetikettiert und weiterverarbeitet wurden, erhitzten 2005 und 2006 die Gemüter. Teilweise ist die Ware schon vier Jahre alt, halb verwest und mit Maden durchsetzt. Der Skandal zog sich deshalb so lange hin, weil ständig neue Fälle aufgedeckt wurden.
  • Im Jahr 2011 löste die Panik vor EHEC (Enterohämorrhagische Escherichia coli) beinahe einen internationalen Konflikt aus. Denn die deutschen Behörden hatten vor Salat, Tomaten und Gurken aus Spanien gewarnt – ein Irrtum, wie sich später herausstellte. Verantwortlich für fast 4.000 Erkrankte und 53 Tote waren Bockshornkleesamen, die ein Bio-Händler aus Ägypten importiert hatte.

Was wurde daraus?

Profitgier, Unachtsamkeit und mangelnde Kontrollen setzen die traurige Liste der Lebensmittelskandale ungebremst fort. Gleichwohl gibt es Verbesserungen: Die Rückverfolgung der Produktionskette gelingt heute schneller. Seit dem BSE-Skandal wurden zudem die Kontrollen bei der Fleischherstellung verschärft. Die Probleme im Fleischhandel und bei der Weiterverarbeitung sind indes weiter ungelöst. Immerhin hat der Gammelfleischskandal zahlreiche Verbraucher dazu veranlasst, mehr auf die Fleischqualität, statt nur auf den Preis zu achten. Gegen verunreinigte Lebensmittel, wie im Fall der Bockshornkleesamen, hilft aber letztlich nur, sorgfältig die Hygieneregeln in der Küche einzuhalten.

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5. Atomare Bedrohung

Zurück in die 1980er Jahre: Der Kalte Krieg hatte zu einem Wettrüsten geführt, bei dem zuletzt rund 80.000 Atomraketen aufeinander gerichtet waren – Hauptziel: Deutschland. Zu einer Atomexplosion kam es dann aber in der Ukraine: 1986 ereignete sich in Tschernobyl ein Reaktorunglück, bei dem mehrere Trillionen Becquerel Radioaktivität in die Atmosphäre freigesetzt wurden. Stets waren die Bedenken der Atomgegner für unsinnig erklärt worden, plötzlich jedoch waren die Behörden in Ost und West mit der Situation völlig überfordert.

Was wurde daraus?

Die Gefahr eines Atomkriegs ist keineswegs gebannt: Zwar gibt es inzwischen insgesamt weniger Atomwaffen. Dafür besitzen aber immer mehr Länder Atomwaffen, womit auch die Zahl der Konfliktherde steigt. Die Zerstörungskraft reicht außerdem immer noch aus, die Menschheit mehrfach auszuradieren. Nach dem Kalten Krieg wurde das Thema jedoch aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Beim Thema Atomenergie fällt die Einschätzung komplizierter aus. Als es 2011 in Fukushima erneut zu einem Reaktorunglück kam, wurde in Deutschland der Atomausstieg eingeleitet. In allen anderen Teilen der Welt nimmt der Bau von Kernkraftwerken dessen ungeachtet zu. Denn die technischen Risiken für einen Unfall sind sehr gering und werden mit jeder neuen Kraftwerksgeneration geringer. Neben den technischen Risiken bleiben aber noch andere Risikofaktoren: vor allem der Mensch. Bei allen großen Reaktorkatastrophen waren nämlich – wie Wolfgang Renneberg, einst Deutschlands oberster Atomaufseher, betont – menschliche Fehler oder Nachlässigkeit der Betreiber die Ursache. Dieses Risiko ist aber offensichtlich zu vage, um angesichts der Klimaerwärmung und der Herausforderung einer CO2-armen Energiegewinnung die nötige Zugkraft zu entwickeln.

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Welches Fazit kann man also aus diesem Rückblick ziehen? Womöglich das: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Skandale und Protestbewegungen müssen ihr Anliegen überscharf und einseitig vorbringen. Nur so finden sie Gehör und Anhänger. Das darf aber nicht zu einem hitzigen Moralisieren führen: Eine Warnanlage, die zu oft klingelt, wird irgendwann nur noch ignoriert oder abgestellt. Zieht man jedoch sachlich ausgeglichen die richtigen Konsequenzen, dann können die Bedrohungsmeldungen und Weltuntergangsszenarien durchaus einen positiven Effekt haben. Denn wo kein Protest ist, wird auch nicht gehandelt. Hier findest du noch weitere Artikel, die dich interessieren könnten:

Quellen: focusdeutschlandfunkrp-onlinewissenschaftspiegel

Vorschaubilder: ©flickr/Simon Cope ©flickr/Ralf Steinberger