Die Tür geht auf. „Schatz, ich bin daheim“, ruft der Herr des Hauses und legt seinen Hut auf die Ablage. Seine Frau eilt herbei und sagt freudestrahlend: „Mein lieber Gemahl, einige Indizien deuten darauf hin, dass ich schwanger sein könnte.“ – „Formidabel, Frau! Ich telegrafiere gleich unserem geschätzten Spezialisten, Dr. Günzberg-Glonz, dass er uns einen Frosch beiseitelegen möchte.“
So oder ähnlich könnte es noch vor 60 Jahren in deutschen Korridoren getönt haben, denn Frösche hatten tatsächlich einen beträchtlichen Anteil an der Früherkennung einer Schwangerschaft. Dass das heute zu einem großen Problem für die einheimische Tierwelt geworden ist, ahnte damals niemand.
Die Geschichte der lebenden Schwangerschaftstests
In den 1940er Jahren wurde der sogenannte „Hogben-Test“ entwickelt. Den geschlechtsreifen Weibchen des Südafrikanischen Krallenfrosches wurde der Morgenurin einer potenziell schwangeren Frau injiziert. Hat das Weibchen innerhalb der folgenden 24 Stunden gelaicht, also Eier gelegt, war eine Schwangerschaft der Frau ziemlich wahrscheinlich. Tatsächlich war dieses Testverfahren relativ zuverlässig und so kam es, dass in zahllosen Apotheken und Praxen in Europa, Asien und Nordamerika Aquarien für die Haltung der Amphibien installiert wurden.
Einige Jahre nach dem Hogben-Test wurde mit dem Galli-Mainini-Test ein deutlich effizienteres Verfahren entwickelt. Hier kamen die männlichen Krallenfrösche ins Spiel: Wurde 3 Stunden nach Urininjektion die Spermienproduktion spürbar angeregt, war der Test positiv. Die Tiere selbst sollen die Prozedur unbeschadet überstanden haben.
Krallenfrösche waren nicht die einzigen Vierbeiner, die für Schwangerschaftstests verwendet wurden. Auch Mäuse, Kaninchen und Fische dienten dem Nachweis ertragreicher menschlicher Kopulationen. Erst in den 1960er Jahren wurden die noch heute geläufigen Methoden der Früherkennung entwickelt, die ohne tierisches Zutun auskamen. Der Schaden für die hiesige Tierwelt war damit aber trotzdem nicht mehr abzuwenden.
Der Afrikanische Krallenfrosch und sein gefährlicher Pilz
Der Bedarf an Krallenfröschen war hoch. Zu Zehntausenden wurden sie für die Schwangerschaftstests in alle Welt exportiert, was in der südafrikanischen Heimat beinahe zum Aussterben der Art führte. Um das zu verhindern, begann man, die Tiere im großen Stil nachzuzüchten.
Als nun die Nachfrage in den 1960ern in den Keller ging, wurden in den Importländern zahllose Krallenfrösche einfach in der Natur ausgesetzt. Was dann folgte, ist kein Einzelfall: Die Art setzte sich in Gegenden fest, in denen sie eigentlich nicht vorkam. Ähnlich wie der Waschbär, die Schwarzmund-Grundel oder der Riesenbärenklau verbreitete sie sich und bedrohte und bedroht noch immer die einheimische Natur und vor allem ihre Gattungsgenossen. Als invasive Art – bzw. Neozoon – stehen die Krallenfrösche in Nahrungskonkurrenz zu anderen Fröschen, vermehren sich rasant, passen sich an und haben keine natürlichen Fressfeinde. Und sie haben noch einen tödlichen Begleiter.
Erst im Jahr 1998 wurde herausgefunden, warum es seit den 1970ern zum Amphibiensterben kommt: Eine Ursache ist der Chytridpilz (Batrachochytrium dendrobatidis). Dieser wurde wahrscheinlich von den Afrikanischen Krallenfröschen eingeschleppt. Während diese Tiere selbst resistent sind, gehen andere Frosch- und Amphibienarten daran zugrunde. Der Pilz überlebt eine ganze Zeit lang im Wasser und kann sich daher leicht verbreiten. Gegenmaßnahmen aus der Forschung und dem Naturschutz sind derzeit, wenn überhaupt, nur schwer umzusetzen.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Mensch zu seinem eigenen Vorteil unbedarft in die Natur eingreift und so langfristigen Schaden hinterlässt. Es wird auch nicht das letzte Mal sein.
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Quellen: utopia, muvs, wikipedia
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