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Garten: Aus diesem Grund hören Insekten „schreienden“ Pflanzen zu

Der ein oder andere soll ja mit seinen Pflanzen sprechen. Nun haben Forscher herausgefunden, dass Pflanzen tatsächlich auch sprechen können!

Eine Motte auf einer Blume.
© IMAGO / AGAMI

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Pflanzen sind nicht so stumm, wie wir lange dachten. Wenn sie unter Stress stehen, geben sie Geräusche von sich – und Insekten hören diese Hilferufe. Was nach Science-Fiction klingt, ist wissenschaftlich belegt: Motten können wahrnehmen, welche Pflanzen gesund sind und welche leiden. Sie nutzen diese Fähigkeit geschickt für ihre eigenen Zwecke. Hier erfährst du, wie diese faszinierende Form der Kommunikation zwischen Pflanzen und Insekten funktioniert.

Pflanzen schreien – nur hören wir es nicht

Forscher der Universität Tel Aviv haben 2023 nachgewiesen, dass Pflanzen unter Stress Geräusche produzieren. Tomaten, Tabak und andere Gewächse werden regelrecht „laut“, wenn sie unter Wassermangel leiden oder ihre Stängel verletzt werden. Diese Geräusche sind etwa so laut wie ein normales Gespräch, liegen aber im Ultraschallbereich zwischen 20 und 60 Kilohertz – für menschliche Ohren völlig unhörbar.

Die Geräusche entstehen durch sogenannte Kavitation im Inneren der Pflanze. Luftblasen bilden sich im Gefäßsystem, dehnen sich aus und fallen wieder zusammen. Dies erzeugt Vibrationen, die als sogenannte „Klicks“ hörbar werden – ähnlich dem Zerplatzen von Luftpolsterfolie, nur viel hochfrequenter.

Von Anfang an vermuteten die Wissenschaftler, dass viele Säugetiere und Insekten diese Geräusche wahrnehmen können. Jetzt konnten sie beweisen, dass Tiere diese Informationen auch tatsächlich nutzen.

Motten als raffinierte Zuhörer

Die Forscher untersuchten das Verhalten von Motten des Afrikanischen Baumwollwurms an Tomatenpflanzen. Diese Falter können Ultraschall in genau dem Frequenzbereich hören, in dem gestresste Pflanzen ihre Geräusche aussenden.

Das Ergebnis war verblüffend: Die weiblichen Motten machten einen deutlichen Bogen um „laute“ Pflanzen, wenn sie einen Platz für die Eiablage suchten. Sie bevorzugten systematisch die ruhigen, gesunden Pflanzen für ihre Nachkommen.

In einem besonders überzeugenden Experiment verwendeten die Forscher zwei gesunde Pflanzen, spielten aber auf einer Seite die Tonaufnahme einer gestressten Pflanze ab. Die Motten bevorzugten trotzdem die „leise“ Seite und mieden den Bereich mit den Stressgeräuschen.

Eine Motte auf einer Blume.
Können Pflanzen wirklich „sprechen“? Credit: IMAGO / imagebroker

Der Beweis durch Tonaufnahmen

Noch faszinierender: Wenn den Motten gar keine echte Pflanze zur Verfügung stand, legten sie ihre Eier dort ab, wo die Tonaufnahme gestresster Pflanzen abgespielt wurde. Sie schlossen also von den Geräuschen auf das Vorhandensein einer Pflanze. Taub gemachte Motten hingegen zeigten kein bevorzugtes Verhalten und bestätigten so, dass tatsächlich das Gehör für diese Orientierung verantwortlich ist.

Die Motten interpretieren die Klänge als Signal für den Gesundheitszustand der Pflanzen und wählen entsprechend den besseren Lebensraum für ihre Larven aus.


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Eine einseitige, aber effektive Kommunikation

Die Forscher betonen, dass es sich nicht um Kommunikation im klassischen Sinne handelt. Die Pflanzen „sprechen“ nicht bewusst zu den Insekten – ihre Geräusche sind vielmehr ein Nebenprodukt ihres Stresszustands. Trotzdem haben die Motten gelernt, diese unbeabsichtigten Signale zu ihrem Vorteil zu nutzen.

Die Wissenschaftler spekulieren über noch faszinierendere Entwicklungen: Möglicherweise haben einige Pflanzen bereits begonnen, ihre akustischen Eigenschaften gezielt zu nutzen. Sie könnten ihre Geräusche verstärken, um bei Schädlingsbefall natürliche Fressfeinde anzulocken – eine Art akustischer Hilferuf.

Was das für unser Naturverständnis bedeutet

Diese Entdeckung erweitert unser Verständnis davon, wie komplex die Interaktionen in der Natur sind. Pflanzen sind nicht passive Objekte, sondern aktive Teilnehmer in einem Netzwerk aus chemischen, visuellen und akustischen Signalen.

Für die Landwirtschaft könnten sich neue Möglichkeiten eröffnen: Wenn wir lernen, die Stressgeräusche von Pflanzen zu entschlüsseln, könnten wir Bewässerung und Pflege optimieren, noch bevor sichtbare Schäden auftreten. Die Forschung zeigt, dass die Natur voller Geheimnisse steckt, die wir erst allmählich entschlüsseln – auch wenn wir Menschen meist taub für diese stillen Gespräche zwischen Pflanzen und Insekten sind.

Quelle: geo