Die Frage nach den Grenzen der elterlichen Aufsichtspflicht stellt sich für viele Eltern schon ab dem ersten Tag mit Nachwuchs: Darf man sein Baby zum Beispiel allein lassen, um duschen zu gehen? Und die Sorge hört nicht auf, wenn die Kinder größer werden – sie verschiebt sich nur, entsprechend dem neuen Bewegungsradius des Kindes, seinen neugewonnenen Fähigkeiten und seiner Bereitschaft, Unsinn anzustellen.
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Trotz der Tatsache, dass Eltern gesetzlich dazu verpflichtet sind, die Aufsichtspflicht gegenüber ihrem Kind wahrzunehmen, gibt es vom Gesetzgeber aber nur wenige konkrete Anhaltspunkte, woran sich Eltern halten sollen, um nichts falsch zu machen. Hier findest du die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick.
Kleine Kinder nur kurz allein lassen
Egal, wie kindersicher man seine Wohnung gemacht hat, man sollte Kinder in den ersten drei Lebensjahren nicht allein zu Hause lassen. Denn schon als Babys sind sie mobiler, als man denkt, und haben geradezu einen sechsten Sinn im Entdecken und Ausloten von Gefahrenquellen. Die „Bundeskonferenz für Erziehungsberatung“ gibt die folgenden konkreten Empfehlungen:
- Bis zum 3. Lebensjahr sollte man sein Kind gar nicht allein zu Hause lassen.
- Ab 3 Jahren kann man es mal für 10 oder 15 Minuten allein lassen.
- Ab 6 Jahren ist es möglich, es für eine halbe Stunde bis maximal 2 Stunden allein zu lassen.
Das heißt im Klartext, dass man bei einem Kind von 3 Jahren nur kurz den Müll runterbringen oder zum Briefkasten gehen kann. Erst ab 6 Jahren kann man sein Kind lang genug allein lassen, um zum Beispiel kurz einkaufen zu gehen.
Wichtiger Hinweis:
Diese und die weiteren Altersempfehlungen sind wirklich nur als Empfehlungen zu verstehen, nicht mehr und nicht weniger. Es liegt letztlich in der Verantwortung der Eltern, richtig einzuschätzen, ob ihr Kind schon so weit ist. Wenn etwas schiefgeht, kann man sich nicht darauf berufen, dass das Kind eigentlich schon alt genug war. Das Motto sollte lauten: „Vorsicht ist besser als Nachsicht.“ Denn wenn ein Kind zum Beispiel kein Gefahrenbewusstsein hat, tollpatschig oder experimentierfreudig (um nicht zu sagen: zerstörungswütig) ist, sollte man besonders vorsichtig damit sein, ihm mehr Freiraum zu geben.

Was Schulkinder alles können
Allein zur Schule gehen
Allein zur Schule zu gehen, ist für Kinder und Eltern ein wichtiger Meilenstein, der noch dazu den Familienalltag deutlich „entstressen“ kann. Allerdings bedeutet Schulreife nicht automatisch, dass das Kind bereit ist, auch den Schulweg allein zu bestreiten. Man sollte unbedingt berücksichtigen, wie dieser beschaffen ist – wie viel Verkehr etwa dort zu erwarten ist und ob es unübersichtliche Stellen gibt. Und natürlich spielt auch die allgemeine Reife des Kindes eine Rolle: Ist es aufmerksam im Straßenverkehr? Kennt es die üblichen Gefahrenquellen? Und selbst wenn das Kind das richtige Verhalten im Straßenverkehr verinnerlicht hat, ist es sinnvoll, den Schulweg für eine gewisse Zeit gemeinsam zu üben.
Allein auf den Spielplatz gehen
Schulkinder kann man – im Gegensatz zu Kitakindern – auch schon allein auf den Spielplatz gehen lassen, vorausgesetzt, sie besitzen die nötige Reife. Hier sollte man aber genaue Absprachen mit dem Kind treffen, zum Beispiel darüber, wie es sich auf dem Weg zum Spielplatz und nach der Ankunft dort verhalten und wann es nach Hause gehen sollte.
Ältere Geschwister einbinden
Traurig, aber wahr: Geschwisterkinder sind nur bedingt dazu geeignet, auf die jüngeren Kinder aufzupassen. Die Grundvoraussetzung, damit ein Geschwisterkind für einen längeren Zeitraum als Babysitter eingesetzt werden kann, ist – laut der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung –, dass das größere Kind mindestens 12 Jahre und das zu beaufsichtigende Kind nicht jünger als 3 Jahre alt ist. Außerdem sollte der Altersunterschied zwischen den Geschwistern nicht zu klein sein, damit sichergestellt ist, dass das jüngere Kind auf das ältere hört. Bei einem geringen Altersunterschied sollte man lieber warten, bis auch das jüngere Kind 11 oder 12 Jahre alt ist, und dann beide in die Pflicht nehmen. Zusätzlich zum Alter kommt es aber auch auf das Verhältnis der Kinder untereinander an. Wenn sie sich auch bei Anwesenheit der Eltern permanent streiten, ist zu befürchten, dass ein elternfreier Abend im Desaster endet.
Der Fernseher als Babysitter?
Für die wenigsten wird diese Erkenntnis überraschend sein: Der Fernseher ist kein guter Ersatz für einen Babysitter (auch wenn er zugegebenermaßen verlässlich dafür sorgen kann, dass ein Kind still sitzen bleibt). Gerade bei kleinen Kindern wirkt sich Fernsehkonsum nachhaltig schädlich auf die Entwicklung aus, unabhängig davon, wie pädagogisch wertvoll die Sendungen angeblich sind. Man sollte immer gemeinsam mit seinem Kind fernsehen, damit man sich über das Gesehene austauschen kann und einen besseren Überblick darüber hat, wie viel geguckt wird.

Gefahren durch Internet und Computerspiele nicht unterschätzen
Bei all den Ängsten, die Eltern haben, wenn sie ihr Kind allein zur Schule oder auf den Spielplatz schicken, vergessen sie schnell, dass sie auch einen Überblick darüber haben sollten, wie sich ihr Kind im virtuellen Raum bewegt. Für Computerspiele gibt es nicht umsonst Altersbeschränkungen, wenn sie beispielsweise gewalttätige Inhalte haben. Wenn man seinem Kind Zugang dazu gewährt, verletzt man seine Aufsichtspflicht und kann tatsächlich juristisch belangt werden, was auch Auswirkungen auf das Sorgerecht haben kann. Es ist hierbei kein Argument, dass die gleichaltrigen Freunde dieselben Spiele spielen. Und man sollte sich zweimal überlegen, ob man sein Kind online mit Spielern aus der ganzen Welt zocken lassen will, ohne zu wissen, wer da am anderen Ende sitzt.
Der Sinn der elterlichen Aufsichtspflicht liegt nicht darin, seine Kinder zu kontrollieren, sondern sie zu beschützen und nach und nach zu selbstständigen Menschen zu erziehen. Dabei sollte man sowohl das Alter seines Kindes berücksichtigen als auch, wie viel das Kind kann, und vor allem, wie viel es sich zutraut. Damit man sein Kind nicht überfordert, sollte man Veränderungen mit ihm besprechen und in Ruhe vorbereiten. Es sollte nicht nur wissen, wie es sich auf sich gestellt verhalten soll, sondern auch, wie es Hilfe bekommt. Was du tun kannst, um die Selbstständigkeit deines Kindes zu fördern, erfährst du übrigens in diesem Artikel.
Quellen: gofeminin, arag, familienhandbuch, t-online
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